Muss engagierte Kunst gegenständlich sein? Gedanken zum bevorstehenden Auschwitzbefreiungs-Gedenk-Mahngang am 27. Januar 2015 in Köln

 

Zur 70-jährigen Wiederkehr der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Sowjettruppen ruft unter dem Titel „Kultur in Trümmern“ ein breites Kölner Bündnis aus antifaschistischen und gesellschaftlichen Initiativen und Parteien zu Erinnern und zu einem Mahngang auf.Delaunay_Disque_simultané

Ich begrüße außerordentlich, dass der Schikanierung und Ermordung von Kulturschaffenden, der Barbarei der Bücherverbrennungen und Ausstellungsverbote gedacht wird.

Der Aufruf geht zudem über das Jahr 1945 hinaus, stellt auch die Situation in Nachkriegsmonaten und Nachkriegsjahren dar:
„Die Diffamierung der Moderne als entartet hatte noch lange Wirkung. Aber auch die Darstellung von Gegenwartsthemen mit ästhetischen Mitteln berührte nicht – den widrigen Alltag wollte das Publikum nicht dargestellt haben. Die Flucht aus der Realität verband sich mit der Ablehnung von gegenständlicher Kunst, die als engagierte Kunst in Köln vor 1933 ihren Platz gehabt hatte.“

Dem kann ich erstens inhaltlich nicht einfach zustimmen. Zwar habe ich die Zeit weder miterlebt, noch bin ich Kunsthistorikerin. Doch will ich zumindest anführen, dass zum Beispiel Arno Schmidt in seinem „Leviathan“ sehr wohl auf die „Realität“ einging und dafür 1949 bereits einen Preis erhielt.

Vor allem aber stoße ich mich an der Gegenüberstellung von gegenständlicher Kunst, die das Bündnis als engagiert darstellt, gegenüber der, ja was, abstrakten? Kunst, die als „Flucht aus der Realität“ beschrieben wird. Nichtgegenständlich malenden Künstlern der Nachkriegszeit wie beispielsweise denen von CoBrA oder der Quadriga-Gruppe und ihrem Publikum wird hier sogar der Vorwurf der „Verdrängung“ gemacht.

Ich halte das nicht nur für eine miese Hierarchisierung von Kunst aufgrund von politischer Bewertung. Sondern es wird auch verkannt, welchen Beitrag solche Künstlergruppen zur Überwindung der Pervertrierung des Nazi-Kunstverständnisses geleistet haben.

Und ich möchte auch ganz überhaupt sagen: Wir sollten von Kunst nicht einfordern, engagiert sein zu müssen